Vor einigen Tag war ich in der Leihbücherei unserer Gemeine und bin "zufällig" (für mich als Christ gibt es in der Regel keine Zufälle), auf ein Buch zum Thema Hochsensibilität gestoßen, das viele Jahre lang unbeachtet bei uns Zuhause im Bücherregal stand. Nun fiel es mir ins Auge und ich begann darin zu lesen. Es ist nicht so, dass ich mich noch nie mit diesem Thema auseinandergesetzt hatte. Im Gegenteil. Vor ein paar Jahren habe ich mich schon einmal sehr intensiv mit diesem Thema, im Bezug auf Kinder, auseinandergesetzt und sogar Vorträge dazu gehalten. Auch jetzt las ich dieses Buch erst einmal unter diesem Gesichtspunkt. Doch je mehr ich las, umso mehr verschob sich meine Perspektive auf mich. Ich habe mich immer für einen sensiblen, emotionalen Menschen gehalten, aber wenn mich jemand gefragt hätte, ob ich hochsensibel sei, hätte ich auf jeden Fall Nein gesagt. Doch mit meiner Erschöpfung sind erstmals Merkmale aufgetreten, die sehr typisch für hochsensible Menschen sind und ich fing an darüber nachzudenken, ob mich das nicht vielleicht doch selbst betrifft. Ich weiß nicht, ob du mit diesem Thema etwas anfangen kannst? Ob du überhaupt schonmal etwas davon gehört, oder dich vielleicht selbst schon damit auseinandergesetzt hast? Deshalb versuche ich einmal in wenigen Worten, dieses komplexe Thema zu beschreiben. Hochsensibilität ist keine Krankheit oder ein Störungsbild, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal, das laut gewisser Studien ca. 20 % der Menschen betrifft. Es betrifft sowohl Männer als auch Frauen, wobei viele Männer sich diese sensible Seite nicht so gerne eingestehen, weil sie als unmännlich empfunden wird. Hochsensible Menschen nehmen ihr Umfeld um einiges sensibler wahr, als der Rest der Menschen. Sie haben auffällig feine Antennen für Gerüche, Geschmäcker, Wahrnehmungen auf der Haut (deshalb empfinden sie viele Dinge als kratzig oder unangenehm und sind auch sehr schmerzanfällig), und für zwischenmenschliche Stimmungen. Sie nehmen innerhalb kürzester Zeit, in zwischenmenschlichen Interaktionen, Gefühle und Stimmungen ihres Gegenübers oder auch einer ganzen Gruppe wahr und können diese Eindrücke nicht einfach abschütteln oder als nicht so wichtig beiseite schieben und werden deshalb regelrecht von ihnen überrollt. Deshalb werden solche Dinge für hochsensible Menschen auch schnell zu viel und sie sehnen sich nach Ruhe und Rückzug. Doch selbst in der Ruhe ist es schwer für sie, die ganzen Eindrücke und Wahrnehmungen loszuwerden, weil sie immer weiter darüber nachdenken. Auch emotionale Themen, Filme oder Bücher, beschäftigen sie viel länger als es bei anderen Menschen der Fall ist. Wo andere schon zum nächsten Thema übergegangen sind, stecken Hochsensible noch in dieser Thematik fest und denken darüber nach. Viele Hochsensible werden als ruhig, schüchtern und zurückhaltend erlebt, doch es gibt auch einige extrovertierte Hochsensible, denen man diese Empfindsamkeit nicht auf den ersten Blick ansieht.
Wie gesagt, dass ist jetzt nur ein kurzer Abriss von einem sehr komplexen Thema. Wenn es dich interessiert oder vielleicht selber betrifft, empfehle ich dir, dich mehr in diese Thematik einzulesen.
Ich war immer schon ein sehr harmonieliebender Mensch und habe versucht, mich so zu verhalten, dass ich mein Gegenüber nicht verärgert habe oder es zu Unstimmigkeiten kam. Aber seit meiner Erschöpfung wurde dies nochmal um einiges stärker. Ich kam in einen Raum hinein und nahm auf einmal, viel intensiver, Stimmungen und Emotionen wahr und vor allem wenn es sich um negative Stimmungen handelte, legte sich diese sogar körperlich spürbar auf mich. Ich wurde von diesen Emotionen derart überrollt, dass ich am liebsten sofort geflüchtet wäre. Große Gruppen waren auf einmal super anstrengend für mich und auch schwierige Einzelkontakte haben mich sehr herausgefordert. Gab es schwierige oder emotionale Themen, nahm ich diese am Ende mit nach Hause und dachte tagelang darüber nach, was mich unglaublich viel Kraft und Energie kostete. Ich versuchte, noch mehr als früher, die Menschen um mich herum "glücklich" zu machen und negative Empfindungen von ihnen in positive umzuwandeln. Wenn jemand unglücklich war oder blieb, fühlte ich mich dafür verantwortlich. Und das hat mich alles mehr und mehr ausbrennen lassen, bis es dann zum Zusammenbruch kam. Grundsätzlich ist Hochsensibilität angeboren und wird sogar auch über mehrere Linien vererbt. Deshalb gibt es innerhalb von Familien auch mehrere hochsensible Menschen (auch in meiner Familie kommt es mehrmals vor). Es gibt aber auch die Fälle, wo Hochsensibilität durch bestimmte Lebenssituationen auftritt. Ich weiß nicht, ob es vielleicht schon immer in mir drin gesteckt hat und ich es einfach nicht bemerkt, bzw. ihm keine Aufmerksamkeit geschenkt habe, oder ob es tatsächlich im Zuge meiner Erschöpfung aufgetreten ist, oder es nur eine zeitliche Sache ist. Fakt ist, dass ich meinem Bedürfnis nach Ruhe und Rückzug ernst nehmen muss, um nicht immer wieder an meine körperlichen und seelischen Grenzen zu stoßen! Außerdem musste ich mir klarmachen, dass ich nicht der Retter dieser Welt bin sondern das diesen Job schon ein anderer übernommen hat: Jesus! Ich kann die Lasten dieser Welt nur bedingt tragen und deshalb ermutigt uns Jesus auch, alle unsere Sorgen bei ihm abzuladen, damit er sich darum kümmern kann und er verheißt uns Ruhe und Erholung, wenn wir zu belastet sind:
"Kommt alle her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich möchte euch Ruhe schenken!" Matthäus 11,28
Das ist tatsächlich auch das Einzige, was mich richtig ruhig macht: In einer Situation, wo mich Schicksale von Menschen, bzw. bestimmte Themen oder Geschehnisse nicht loslassen, diese zu Jesus zu bringen und ihm zu vertrauen, dass er sich kümmert.
Es geht mir bei dieser Thematik nicht darum, eine neue Modediagnose hervorzuheben und sämtliche Menschen dazu zu bringen, zu denken, sie seien hochsensibel. Hochsensibilität ist ja auch nichts, was einem vom Arzt attestiert wird oder durch bestimmte Untersuchungen festgestellt wird. Aber falls du dich vielleicht schon immer gefragt hast, warum du manches intensiver wahrnimmst als andere, mache ich dir Mut, dich mehr mit dieser Thematik zu beschäftigen, um dich selber besser zu verstehen und dich neu annehmen zu können.
Vielleicht hast du auch ein Kind bei dem du bestimmte Merkmale wahrnimmst, die ich oben beschrieben habe. Dann ist es wichtig, sich damit zu beschäftigen, damit du dein Kind besser verstehen kannst und besser auf Dinge eingehen kannst. Solche Kinder werden oft als Heulsusen oder Weicheier betitelt oder als ängstlich zurückgezogen und schüchtern wahrgenommen. Und wenn es sich um extrovertierte Kinder handelt, werden sie oft als das genaue Gegenteil wahrgenommen, weil sie mit ihren ganzen Eindrücken und Reizen nicht wissen wohin damit und dann als unruhig oder sogar aggressiv beschrieben werden.
Wenn du jetzt noch Fragen zu diesem Thema hast, kannst du mich auch gerne anschreiben und mit mir ins Gespräch kommen!
Deine Danny
Hier einige Buchtipps zum Thema. Viel Freude beim stöbern:
Kommentar schreiben