"Es gibt Menschen, die tanken im Zusammensein mit anderen auf, um anschließend die Kraft zu haben, allein zu sein.
Und es gibt Menschen, die tanken im Alleinsein auf, damit sie Kraft haben, um mit Menschen zusammen zu sein."
Diesen Satz habe ich neulich gelesen und er hat mich sehr angesprochen, weil ich mich in den letzten Jahren viel damit auseinander gesetzt habe, was für ein Auftank-Typ ich bin.
Hättest du mich vor ein paar Jahren gefragt, hätte ich dir geantwortet, dass ich auf jeden Fall auftanke, wenn ich mit anderen Menschen zusammen bin. Ich war schon seit meiner Kindheit eine sehr offene, kontaktfreudige Person, was natürlich meinem Status als Pastorenkind sehr entgegen kam. Doch je älter ich wurde, um so mehr merkte ich in mir eine große Müdigkeit, wenn ich mit anderen Menschen zusammen war. Das führte dann vor ein paar Jahren zu einer Erschöpfung.
In dieser Zeit habe ich mich in einer Reha und einer darauf folgenden Therapie, sehr stark mit meinem Charakter beschäftigt und einmal sehr ehrlich und tief in mich hineingehorcht und festgestellt, dass ich viel Ruhebedürftiger bin, als ich es mir immer zugestanden hatte. Auf einmal kamen mir Situationen in den Kopf, wo ich als Kind stundenlang alleine in meinem Zimmer mit meinen Puppen gespielt habe und ich mir selbst genug war und mich das total entspannt hat. Oder als mir in der Reha die Frage gestellt wurde, welche Dinge mir Spaß machen und Energie geben, waren es meist Dinge, die ich allein tat, wie z.B. lesen oder schreiben. Tatsächlich fand ich heraus, das ich im Alleinsein auftanke und Kraft schöpfe. Das war wirklich nicht einfach für mich, mir das ein- und zuzugestehen. Glaubte ich doch jahrelang, genau der Gegensätzliche Typ zu sein. Doch je mehr ich es zuließ und mir diese Zeiten des Alleinseins gönnte, um so besser ging es mir und umso mehr war ich auch bereit, wieder in den Kontakt mit Menschen zu treten. Nun kann ich dazu stehen, dass ich eine Person bin, die im Alleinsein auftankt. Das war für mein direktes Umfeld, vor allem für meinen Mann, nicht leicht. Denn er ist tatsächlich das komplette Gegenteil von mir und er tankt im Zusammensein mit Menschen auf. Er entspannt total, wenn er mit anderen Menschen und mit mir, Zeit verbringen kann. Als ich nach und nach anfing, mir mehr Zeiten für mich zu nehmen, war das echt nicht leicht für ihn, weil er das Gefühl hatte, dass ich mich von ihm distanziere oder nicht mehr gerne mit ihm zusammen bin. Wir haben dann viel darüber gesprochen und ich habe ihm versucht zu erklären, in welchem Prozess ich mich befinde und das ich diese Zeiten des Alleinseins einfach für mich brauche, um danach wieder Kraft für Kontakt zu haben.
Auch in meiner Rolle als Pastorenfrau war diese Erkenntnis für mich nicht so leicht, da ich früher immer den Anspruch hatte, ein "offenes" Haus zu haben, viele Menschen einzuladen und regelmäßig in Gemeinschaft zu sein. Kontakte und Beziehungen zu pflegen, ist auch immer noch ein hoher Wert für mich, aber ich schaue jetzt mehr darauf, in welchem Umfang es für mich gut ist und wo ich in Gefahr stehe mich zu überfordern.
Lange Zeit hatte ich auch Gott gegenüber ein schlechtes Gewissen und glaubte, dass er sich von mir wünscht, dass ich viel für Menschen da bin und das er es nicht gut findet, wenn ich zu sehr an mich denke. Doch dann lernte ich zu sehen, dass er mich genauso gemacht hat wie ich bin und er meinen Wunsch nach Rückzug und Ruhe sieht und darum weiß. Ja, ich soll meinen Nächsten lieben, aber was kommt als Nächstes: ...wie mich selbst! (Matthäus 22,39)
Und mich selbst zu lieben bedeutet, mich so anzunehmen, wie ich bin und gut für mich und meine Bedürfnisse zu sorgen! Denn nur, wenn es mir gut geht, habe ich auch die Energie und Kraft, mich auch um andere zu kümmern!
Wie geht es dir mit diesem Thema? Weißt du welcher Auftank-Typ du bist? Und bist du damit im Reinen oder fällt es dir, wie mir, eher schwer, dir das ein- und zuzugestehen? Ich mache dir Mut, dich auf die Reise zu begeben zu der Person zu werden, die Gott sich gedacht hat als er dich schuf. Du darfst glauben, dass er über dir und deiner Persönlichkeit, ein sehr gut ausgesprochen hat. Er verlangt nicht, dass du über deine gegebenen Grenzen hinausgehst, sondern das die Last, die er dir auflegt, leicht ist.
In diesem Sinne sei Wundervoll du selbst!
Deine Danny
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