Was Liebe vermag...

Irgendwann kommt im Leben von Eltern die Zeit, in der sie nicht mehr die uneingeschränkten Helden ihrer Kinder sind und die Kinder bei anderen Zuflucht und Zuspruch suchen.

Als diese Tage eine unserer Töchter eine schmerzhafte Enttäuschung wegstecken musste, versuchten wir alles, um sie zu trösten und wieder zum Lachen zu bringen. Wir überlegten, wie wir ihr diesen Tag doch noch zu einem schönen Tag machen könnten. Plötzlich kam sie weinend, aber diesmal mit Freudentränen, herunter und erzählte uns, dass sie soeben eine Konzertkarte von ihrem Lieblingssänger geschenkt bekommen hat. Da hatte ihr Freund doch tatsächlich ganz spontan, als er von ihrer Enttäuschung erfuhr, diese Karte organisiert.

Nun war die Welt auf einmal nicht mehr freudlos, sondern wieder schön und bunt!

Was Liebe doch bewirken kann! Wir freuten uns natürlich riesig für unser Kind und hatten auch großen Respekt, wie der Freund unserer Tochter das auf die Schnelle hinbekommen hat. Gleichzeitig machte uns das aber auch deutlich, dass wir nicht mehr die Nummer Eins im Leben unserer Tochter waren und das es in Zukunft nicht mehr zuerst unser Trost und Zuspruch sein würde, der sie wieder glücklich macht! 

Das muss man dann auch erst einmal so wahrnehmen, dann vielleicht auch betrauern, um es dann am Ende annehmen zu können.

Es wird ja auch nicht so sein, dass wir gar keine Rolle mehr im Leben unserer Tochter spielen werden, sondern eben eine andere.

Und eigentlich ist das ja auch der ganz normale Lauf des Lebens und sogar das Ziel einer jeden Erziehung, dass die Kinder sich von den Eltern mehr und mehr lösen und ihren eigenen Weg gehen. Doch wenn es dann soweit ist, ist es erst einmal gar nicht so leicht.

Für mich war es damals genau andersherum. Ich habe mich sehr schwer getan, mich von meinen Eltern zu lösen. Und selbst als mein Mann und ich verheiratet waren, bin ich Nachmittags, nach der Arbeit, noch zu ihnen gefahren. Irgendwann beschwerte sich mein Mann jedoch und bat mich, bei uns Zuhause zu sein. Das war echt schwierig für mich, aber ich habe es dann doch immer besser geschafft.

Das das Lösen vom Elternhaus gesund und wichtig ist, wird sogar schon in den ersten Seiten der Bibel beschrieben:

Darum verlässt ein Mann (oder eine Frau) seine Eltern

und verbindet sich so eng mit seiner Frau,

dass die beiden eins sind mit Leib und Seele.

1.Mose 2,24

Verlassen bedeutet nicht, seinen Eltern den Rücken zuzukehren, sondern als ersten Ansprechpartner nun seinen Ehepartner zu haben und mit ihm die Dinge des Lebens zu besprechen und mit ihm gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Mit den Eltern soll eine gute, gesunde, freundschaftliche Beziehung gepflegt werden.

Wo die Loslösung vom Elternhaus nicht gelingt, sind Eheprobleme vorprogrammiert und der Ehepartner empfindet die Eltern als Konkurrenz. Ganz schlimm wird es, wenn sich die Eltern in bestimmte Dinge einmischen und mitreden wollen. 

Meine Eltern haben das wirklich gut hinbekommen. Sie waren immer für uns da, wenn wir sie gebraucht haben, aber sie haben sich nie ungefragt in etwas eingemischt. Sie waren auch nicht parteiisch und automatisch auf der Seite ihres Kindes sondern haben versucht, die Situation neutral zu betrachten. 

Ich weiß noch, wie ich am Anfang unserer Ehe sauer auf meinen Mann war und dann zu meinen Eltern gefahren bin, in der Hoffnung, dass sie mich in meiner Wut bestätigen und auch sauer auf meinen Mann sind. Ich meine mich zu erinnern, dass ich sogar bei ihnen schlafen wollte. Doch meine Mutter meinte nur ganz cool: Danny, zu einem Streit gehören immer zwei. Und außerdem solltest du jetzt nach Hause gehen und die Sache mit Benny klären!

Das war natürlich erst einmal gar nicht das, was ich von ihr hören wollte. Doch im Nachhinein hat sie mir damit etwas Gutes getan und von Anfang an, die Dinge in die richtige Richtung gelenkt.

Ich weiß nicht, in welcher Phase du dich befindest. Musst du dich von einem Kind lösen oder musst du deinem Kind helfen, sich von dir zu lösen? Oder aber vielleicht musst du dich auch noch von deinem Elternhaus lösen?

Egal, in welcher Phase du dich gerade befindest, ich wünsche dir Weisheit, Kraft und Gottes Hilfe für die notwendigen Schritte!

Deine Danny